Ein anderer Abschied

Vor einem Jahr feierten wir mit vielen von euch unseren Abschied bei MeinRad. Ich muss schon sagen, das feine, frische Essen vermisse ich sehr und bedanke mich hiermit nochmals besonders für die Spontanität und Hilfsbereitschaft von Armin und allen, die uns mitgeholfen haben, um diesen Abschiedstag zu einem wundervollen Erlebnis zu machen. In der ersten Staffel der SRF-Sendung «Auf und davon» wird ein Ausschnitt des Abschiedsfests zu sehen sein. So viel darf ich euch schon verraten.

Auch ein Jahr später bin ich an einem Abschiedsfest. Eines der anderen Art. Zwischen dem 31.10. und 3.11. feiert ganz Ecuador » el Día de los Difuntos». Den Tag oder eben die Tage der Toten. Seit einigen Jahren hat auch der amerikanische Kommerz mit «Halloween» Einzug gehalten und die Kinder feiern im Dorf mit Kostümen und Süssigkeiten.

Der 2. November ist der wichtigste Tag im Jahr im Dorf Salasaka. Das Kichwa-Volk feiert Aya Killa Raymi, ein Fest der Vorfahren, das die jahrtausendealten Erinnerungen und Traditionen der Gemeinschaft bewahrt. Alle, aber wirklich alle, kommen auf den Friedhof. Speziell für diesen Anlass fertigen sie neue Hüte und Kleider an. Die Gräber werden geschmückt und auch «Guaguas de Pan» Babybrote, die aussehen wie ein «Grittibänz» und das traditionelle Getränk Colada Morada werden extra für das Fest zubereitet. Auch diese werden als Gaben auf das Grab gelegt. Alle putzen sich heraus und der hochprozentige Alkohol, gegrillte Meerschweinchen, Kartoffeln, Erbsen, Bohnen und Reis dürfen natürlich nicht fehlen. Auch ich wurde wie eine Indigene angezogen. Der Rock aus Schafwolle hat einen Wert von über 1000 USD und der Schal ist auch aus dessen Material. Es fühlt sich wunderbar an, mit diesen Kleidern an das Fest gehen zu dürfen. So viele Farben, so viele Eindrücke. Dort nahm ich auch bewusst von meinem Onkel Abschied. Nach kurzer Krankheit ist er am 31.10.24 in die Anderswelt zurückgekehrt. Ruhe in Frieden, lieber Roli.

Ich danke dem lieben Alonso und seiner Familie herzlich, dass wir diesen speziellen Tag mit ihnen verbringen konnten. Über Alonso, sein Leben und sein wundervolles Hostel möchte ich in einem späteren Blogeintrag berichten.

Damit wir von uns zu Hause ins Dorf gelangen, müssen wir drei Brücken überqueren. Von einer dieser Brücken durften wir Ende Oktober auch Abschied nehmen und wir waren 3 Tage von der Aussenwelt abgeschnitten. Eine Schlammlawine hat Teile der Brücke «Coral» mitgerissen. Die zweite Brücke ist auch beschädigt und droht einzustürzen, und die dritte Brücke ist schon ca. 65-jährig und sollte auch längst unterhalten werden. Das Positive ist, dass wir nun nicht mehr als «sichere Zone» gelten und somit wohl endgültig die Landenteignung vom Tisch ist… Diesbezüglich können wir euch noch nichts Konkreteres mitteilen. Wir wissen einfach, dass unsere Nachbarin einen Brief erhalten hat, indem sie die Landenteignung ihres Grundstücks angekündigt haben. Wir haben bis jetzt nichts erhalten. Aber die Gerüchteküche brodelt natürlich weiter.

Die Brücke würde laut Stadtpräsident in 3 Monaten wieder aufgebaut. Die Menschen, die auf unserer Seite wohnen, taten sich zusammen. Mithilfe vieler Bewohner konnte ein provisorisches Rohr organisiert werden und mit der Schlagbohrmaschine von Leo auch viel schneller als gedacht zusammengebaut werden. Zuerst machten sich alle lustig über diese kleine Maschine, aber danach waren alle beeindruckt über die Leistung, die sie erbringen kann. Ich denke, diese Maschine repräsentiert auch meinen kleinen Mann. Kleiner Mann mit grosser Leistung haha 😉 Was er alles grosses leistet, könnt ihr dann hoffentlich in der SRF-Sendung sehen.

Dieses Zusammenarbeiten heisst hier «Minga» und wird noch oft praktiziert. Die Nachbarn kommen zusammen, um in einem Projekt zu helfen oder andere zu unterstützen.

Wir sind gespannt, wann und ob die neuen Brücken zustande kommen.

Bei uns gab es in den letzten Monaten nicht nur Abschiede, sondern auch grossen Zuwachs. Unser Büsi Minou wollten wir gerade kastrieren, danach kamen die Unwetter und wir waren 3 Wochen von der Aussenwelt abgeschnitten. Genau zu dieser Zeit wurde sie zum ersten Mal rollig und der Nachbarskater nutzte die Gunst der Stunden. Minou wurde schwanger. Ich durfte zum ersten Mal Geburtshelferin sein. Die liebe Minou hat Hüftprobleme und alle vier Kater kamen mit einer Steissgeburt zur Welt. Das eine Bein des Kätzchens hing schon zwei Stunden aus Minou heraus und die Geburt wollte nicht vorwärtsgehen. Wir merkten, dass Minou sehr erschöpft war. Dann entschlossen wir uns für einen Kaiserschnitt und fuhren Richtung Baños. Normalerweise haben wir ca. 40min bis zum Tierarzt. An diesem Sonntag gab es so viel Verkehr, dass wir sage und schreibe 4h im Stau standen. In diesen vier Stunden half ich 3 von 4 Katern auf die Welt. Wir sind nun stolze Besitzer von 6 Katzen und 2 Hunden…

Unsere zweite Katze Guadalupe hatte schon wieder eine Fehlgeburt. Auch sie wurde zur fast selben Zeit Rollig. Jedoch kann sie keine Kätzchen austragen. Die zwei Katzen teilen sich nun das Stillen der 4 Kater auf. Co-Parenting der anderen Art. Wir werden hier also fast täglich mit erstaunlichem und unvorhergesehenem überrascht. Wir erleben hier so viel, dass ich gar nicht zum Schreiben komme. Zum Glück wird bald die SRF-Sendung ausgestrahlt, damit ihr einen Einblick in unser Leben haben könnt. Am Sonntag werden wir das Filmteam zum letzten Mal bei uns begrüssen dürfen. Ich hoffe auch beim letzten Besuch können wir euch spannende Aufnahme liefern.

Herzliche Grüsse aus der vielpfotigen Alvawelt.

2 Antworten auf „Ein anderer Abschied“

  1. Meine Lieben
    Vielen DANK für die spannenden Berichte aus der Alvawelt! Da werden nicht nur Bilder und Videos, sonder auch Vertrauen in das Leben vermittelt!!! DANKE DAFÜR!!!

    Häbet aui e n’edli gueti Zyt
    El Bernardo

  2. Immer schön, von euch zu lesen! Und besonders diese Neuigkeite freuen mich grad sehr! Bin schon gespannt auf die SRF Sendung!!!
    Herzgrüsse zu euch und viel Segen auf euren (vielpfotigen) Wegen! 😊💖

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