Wir sind noch mind. 10 Tage von der Aussenwelt abgeschnitten

Ihr seid grossartig. Schon über 3000 USD sind an Spenden zusammen gekommen. Dafür danken wir euch ganz, ganz herzlich. Die meisten Menschen, die wir besucht haben, antworteten mit diesen Worten auf das gespendete Geld:

Gott ist gross, so gross und gnädig, dass er sogar Hilfe aus dem Ausland zu mir schickt. Du, lieber Spender, sollt gesegnet sein und alles, was du gibst, wird in vielfacher Form zu dir zurückkommen. «Dios le page» ist hier auch ein übliches Wort für Danke. Genau übersetzt heisst es, «Gott wird Sie belohnen».

Und so soll es sein. Ihr dürft euch über eine ganze Menge Fülle freuen, die in der nächsten Zeit auf euch zukommt. Wir waren bei ca. 20 Personen auf Besuch, um eure Unterstützung zu verteilen. Ein sehr emotionaler Tag ging gestern zu Ende. Die vielen Eindrücke, Tränen und die Zerstörung ging nicht spurlos an uns vorbei.

Leider sind wir immer noch von der Umwelt abgeschnitten, da eine Brücke so stark beschädigt wurde, dass sie nun eine Ersatzbrücke bauen müssen. Der Gemeindepräsident rechnet damit, dass wir noch 10 Tage ausharren müssen. Bedauerlicherweise sind die Leute im Dorf abhängig vom Durchgangsverkehr und dem Tourismus. Das Dorf steht still, die Strassen sind leer. Die Menschen hier leben von den Einnahmen ihrer kleinen Restaurants und den kleinen Tante-Emma-Läden. Momentan kommt niemand externes einkaufen und nur vereinzelten wird von der lokalen Bevölkerung in den Restaurants gegessen.

Wir waren mit dem Gemeindeammann Victor, sowie Lisette und Fernanda der Gemeinde unterwegs um die Spenden in die richtigen Hände zu legen. Wir haben zum Teil auch die kleinen Läden und Restaurants im Dorf mit eurer Spenden unterstützt. Denn hier leben die meisten von der Hand in den Mund. Sie besitzen kein erspartes, sondern, wie gesagt, nur viele Schulden.

Heute am 27.6.2024 kommt sogar Daniel Noboa, der aktuelle Präsident Ecuadors nach Rio Verde, in unser Nachbardorf, dort wo der grosse Erdrutsch zahlreiche Menschen verschüttet hat. Das Unglück ist also nicht nur regional, sondern hat auch eine nationale Bedeutung. Die Durchfahrtsstrasse E30 von Baños nach Puyo ist komplett gesperrt. Diese Strasse hält die Verbindung Sierra-Amazonas aufrecht. Wir hoffen sehr, dass die Leute den Präsidenten auch auf die umliegenden Dörfer wie Rio Negro aufmerksam machen, da diese von der Strassensperrung finanziell hart getroffen werden. Wir sind zuversichtlich, dass auch vom Staat Hilfe herbeigeholt werden kann.

Momentan haben wir noch genug Esswaren, die Lieferungen können mit Spezialbewilligungen von Puyo aus herbeigeführt werden. Leider wird aber das Benzin rationiert. Gestern konnten wir nur noch für 5 USD tanken.

Wir machen das Beste aus der Situation und sind so dankbar, dass wir dank euch einigen Menschen helfen konnten und es noch weiter tun können. So toll, dass immer noch einige Spenden bei uns eintreffen. Nochmals muchas gracias und wie die Ecuadorianer sagen, Dios le page!

Wir sind von der Aussenwelt abgeschnitten

Ich hielt meine Katze Guadalupe ganz fest in meinem Arm. Für einmal durfte sie bei mir im Bett liegen, denn zum 3. Mal in Folge hat sie ihre Kitten verloren. Ich fühlte, dass sie ganz viel Nähe brauchte und ihr die Berührung und das Kraulen am Bauch sehr guttat. Ich war in Gedanken bei ihr und die ganze Nacht hellwach. Intensiver Regen prasselte aufs Dach. Dann fing es an zu schütten, wie so oft in den letzten Tagen. Diesmal hörte der Regen aber nicht auf.

Um 3 Uhr morgens ging ich zum Handy und sah, wie in unserem Dorfchat “Chat de Seguridad” Bilder gepostet wurden. Die Hauptstrasse wurde überflutet. Um 4 Uhr fiel der Strom aus, immer mehr Bilder wurden mit Schäden von Wasser und Schlamm veröffentlicht. Ich sah, dass das Gasthaus von Lastenias Arbeitsort inkl. Schwimmbad überflutet war. Dort war eine Fischzucht, Lastenias Hühner und Enten. Ich weckte Leo auf, aber der meinte, es sei schon oft passiert, dass die Strasse überschwemmt wurde. Er kehrte sich um und schlief weiter.

Im Morgengrauen wurde deutlich, dass es nicht wie immer war. Am 16.6 um ca. 10 Uhr passierte die Tragödie. In unserem Nachbardorf Rio Verde kam eine gewaltige Schlammlawine herunter. Sie verdeckte Häuser, Strassen und riss bis jetzt 14 Menschen in den Tod. Duzende Verletzte und weitere Vermisste sind zu beklagen.
Ein Bekannter von Leo hat genau an der Stelle wo die Schlammlawine herunter donnerte ein Fitnessstudio. Er war gerade am Wochenende auf einem Fitness-Wettbewerb als er auf der Rückreise nur noch die toten Körper seiner gesamten Familie, seiner Frau, seinem Kind und seien Eltern sowie Geschwister aus dem Schlamm ziehen konnte. Auch von seinem Gym ist nichts mehr übrig. Viele Familien haben ihr Haus, Hab und Gut verloren. Es wird Essen, Wasser, Decken, Kleider usw. für die Unglücksregionen gesammelt.

Es ist nicht nur eine Schlammlawine, sondern ganz viele verschiedene Rutschungen sind auf der gesamten Länge der Durchgangsstrasse Baños- Puyo heruntergekommen. Die Strasse war seit Sonntag komplett gesperrt. Diverse Brücken, Strassen und Häuser sind stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Es ist noch unklar, wie lange die Strasse gesperrt bleibt. Ab gestern konnten wenigstens vereinzelt Motorräder zirkulieren und heute mit einem Spezialfahrschein 4×4 Autos durchgelassen werden. Sogleich kam wieder eine neue Meldung, dass die Strecke auf unbestimmte Zeit wieder gesperrt sei.

Die liebe Doña Ceci, welche den Dorfladen betreibt, hat mir gestern mitgeteilt, dass sie noch für ca. 4 Tage an Vorrat hat. Bei ihr ist der Parkplatz und eine Mauer eingestürzt. All ihre Kanarienvögel wurden von der einstürzenden Mauer erdrückt. Ihr wunderschöner Garten ist von Schlamm überdeckt. Ihre Aussichtsplattform zusammengefallen. Sie stand immer noch unter Schock, als sie uns von all dem erzählte. Trotz allem schaut Doña Ceci zuversichtlich in die Zukunft. Sie ist dankbar, dass bei uns im Dorf kein Menschenleben zu beklagen ist. Weiter arbeiten, neu Aufbauen ist ihre Devise.

Unsere Dorfbäckerei wurde geflutet, die Besitzer mussten kiloweise Mehl vernichten. Einer ihrer Ofen funktioniert nicht mehr, weil der Schlamm knietief in ihrer Bäckerei stand. Das ganze Dorf lebt vom Durchgangsverkehr und Tourismus. Wir standen bei der Fruchtverkäuferin, welche ganz viel Glück hatte. Die Schlammwelle die von der Kanalisation hochschoss verfehlte ihr Haus und ihren Fruchtstand nur knapp. Sie meinte, dass sie 3 Kredite offen hätte. Sie lebt vom Verkauf der Früchte. Weil nun niemand ins Dorf fährt, hat sie auch keine Einnahmen. Hier haben die Leute keine Versicherungen, dafür umso mehr Schulden auf der Bank.

Wir sind mit so viel Glück gesegnet. In und um unser Haus ist nichts passiert. Leo hat in weiser Voraussicht Dränagenleitungen und Abflusskanäle für das viele Wasser ums Haus gebaut. Auch ist das Risiko von Rutschungen betroffen zu sein an unserem Standort gering. Vom Fluss Pastaza haben wir genügen Distanz und wohnen Erhöht.

Das Wetter spielt auch hier verrückt. Aber die Menschen stehen auf und machen weiter. Bewundernswert.

Falls ihr die Menschen in der Region mit dem nötigsten unterstützen wollt, dann könnt ihr gerne eine Spende auf mein TWINT Konto oder mein CH-Konto CH51 0900 0000 1623 5123 2 tätigen. Ich werde euch ganz genau informieren, wohin und wofür die Spenden gehen. Sei es auch nur, damit der Bäcker wieder seine Mehlsäcke kaufen kann oder eben für die Menschen, die ihr Zuhause verlassen müssen.

Wir halten euch auf dem Laufenden.

Liebe Grüsse
Familie Alvarado

1https://www.facebook.com/share/p/nmBBuJHYoXB6ufYU/?mibextid=xfxF2i

  1. Hier Seht ihr die Strecke zwischen Baños- Puyo mit dem Helikopter. Die Schäden sind enorm. ↩︎